Samstag, 29. Januar 2011

Zur Verantwortlichkeit eines im Beweissicherungsdienst tätigen Arztes für tödlich verlaufenen Brechmitteleinsatz gegen Drogen-Kleindealer.

Sie können diesen Post wie immer auch auf http://ihr-rechtsanwalt.eu/home.php?cc=2&m2=st&m=2&ab=2&d=3&e= lesen.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Angeklagte war als die Zwangsmaßnahme ausführender Arzt zu einer verantwortlichen Prüfung der rechtlichen Eingriffsvoraussetzungen jenseits der Beurteilung der medizinischen Risiken allenfalls in dem Maße verpflichtet, als er an einer erkennbar willkürlich angeordneten Zwangsmaßnahme nicht teilnehmen durfte (vgl. Birkholz/Kropp/Bleich/Klatt/Ritter Krimi-nalistik 1997, 277, 278).

 

dass der Angeklagte nach Bergung der ersten Kokainkugel weiter gehandelt hat, obwohl nunmehr die Straftat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG - zumal bei Kenntnis der Polizeibeamten von der Anzahl der Schluckbewegungen des Verdächtigen C. - aufgeklärt war; schon deshalb lagen die Voraussetzungen für eine weitere Inanspruchnahme der Eilkompetenz offen-sichtlich nicht mehr vor, und die Maßnahme war ab diesem Zeitpunkt wegen leicht erkennbarer Unverhältnismäßigkeit unzulässig.

 

Die für die ärztliche Berufsausübung wesentliche Aufklärungspflicht (§ 8 BO für Ärztinnen und Ärzte des Landes Bremen vom 30. Juni 1997, ABl. S. 479) ist auch von dem Arzt zu erfüllen, der eine Zwangsmaßnahme gemäß § 81a StPO vorzunehmen hat (Kohlhaas NJW 1968, 2277, 2278), falls der Betroffene hierdurch in die Lage versetzt wird, den hinzunehmenden Eingriff schonender zu gestalten.

 

Fahrlässig schuldhaftes Handeln kommt unter diesem Aspekt bei demjenigen Arzt in Betracht, der eine Tätigkeit vornimmt, obwohl er weiß (bewusste Fahrlässigkeit) oder erkennen kann (unbewusste Fahrlässigkeit), dass ihm die dafür erforderlichen Kenntnisse fehlen (BGHSt 43, 306, 311; BGH JR 1986, 248, 250; NJW 1979, 1258, 1259).

 

Das sich aus § 7 Abs. 1 BO ergebende Gebot gilt für "jede medizinische Behandlung" und umfasst demnach auch die von Ärzten ausgeführten Zwangsmaßnahmen gemäß § 81a Abs. 1 StPO.

 


BGH, Urt. v. 29.04.2010 Az.: 5 StR 18/10


Kontaktaufnahme

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen