Samstag, 29. Januar 2011

Beihilfefähigkeit von Kräuterteemischungen

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Leitsätze:

1. Für die Einstufung eines Präparats als Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung ist nicht auf die formelle arzneimittelrechtliche Definition, sondern allein auf die materielle Zweckbestimmung des Präparats und seine Eignung abzustellen, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper ein Krankheitsbild zu heilen oder zu lindern (wie VGH Bad.-Württ. Urteile vom 19.01.2010 - 4 S 1816/07 - PharmR 2010, 307 und vom 11.03.2010 - 10 S 3090/08 - PharmR 2010, 300). Ob das Mittel allgemein wissenschaftlich anerkannt ist oder eine solche Anerkennung zumindest erwartet werden kann, ist für die Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne ohne Belang.

 

2. Die Frage, ob ein Präparat geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen und deshalb gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO a. F. kein Anspruch auf Beihilfegewährung besteht, kann nicht fallübergreifend-abstrakt, sondern lediglich im Hinblick auf die konkrete Anwendung und die medizinischen Besonderheiten beurteilt werden.

 

3. Heilkräuterzubereitungen der Traditionellen Chinesischen Medizin (sog. Dekokte) können im Einzelfall dann als beihilfefähige Arzneimittel anzusehen sein, wenn sie pharmakologisch hoch aktive Bestandteile enthalten und aus medizinischen Gründen nicht im Rahmen der täglichen Flüssigkeitszufuhr eingenommen werden dürfen.

 

4. Die fehlende allgemeine wissenschaftliche Anerkennung einer Behandlungsmethode steht einer Beihilfegewährung auch unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit und Angemessenheit im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO nicht von vornherein entgegen. Vielmehr besteht ein Anspruch auf Beihilfe für eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode dann, wenn das Finanzministerium keine Ausschlussentscheidung auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 Nr. 1 BVO a. F. getroffen hat und die Notwendigkeit der Behandlung mit einer derartigen Methode im Einzelfall bei Anlegung eines strengen Prüfungsmaßstabes nachgewiesen ist. Bei dieser Prüfung kommt der Beurteilung des zuständigen Amtsarztes eine besondere Bedeutung zu. Unerheblich ist in einer derartigen Fallgestaltung, ob nach dem Stand der Wissenschaft die begründete Aussicht auf eine wissenschaftliche Anerkennung der Therapiemethode besteht.

 


VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.08.2010, Az.: 10 S 3384/08

 

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