Mittwoch, 27. Juli 2011

Erstattungspflicht der privaten Krankenversicherung von Kosten zur In-Vitro-Fertilisation

Zur Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 20.05.2011, Az.: 6 U 187/10:

Leitsätze des Gerichts:
"1. Die In-Vitro-Fertilisation (IVF) in Kombination mit einer intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) ist eine medizinisch anerkannte Methode zur Überwindung der Sterilität eines Mannes.

2. Die Aufwendungen hierfür sind nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als medizinisch notwendige Heilbehandlung von der privaten Krankenversicherung aber nur dann zu erstatten, wenn die Maßnahme hinreichenden Erfolg verspricht. Bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht ist von der durch das IVF-Register seit 1982 umfassend dokumentierten Erfolgswahrscheinlichkeit der Behandlungen in Abhängigkeit vom Lebensalter der Frau auszugehen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, inwieweit individuelle Faktoren die Einordnung der Frau in die ihrem Lebensalter entsprechende Altersgruppe rechtfertigen, ob also ihre persönlichen Erfolgsaussichten höher oder niedriger einzuschätzen sind als die im IVF-Register für ihre Altersgruppe ermittelten Durchschnittswerte. Von einer nicht mehr ausreichenden Erfolgsaussicht ist dann auszugehen, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Embryotransfer zur gewünschten Schwangerschaft führt, signifikant absinkt und eine Erfolgsaussicht von 15 % nicht mehr erreicht wird (BGH , Urteil vom 3.3.2004 - IV ZR 25/03 VersR 2004, 588; Urteil vom 21.9.2005 - IV ZR 113/04 - VersR 2005, 1673).

3. Auf die Feststellung der Erfolgsaussicht von mindestens 15 % kann auch angesichts der medizinischen Fortschritte im Bereich der künstlichen Befruchtung nicht verzichtet werden, da sich diese auch auf die statistische Erfolgsquote auswirken würden.

4. Bei einer zum Zeitpunkt der künstlichen Befruchtungsversuche 44-45-jährigen Frau müssen daher aufgrund sachverständiger Feststellungen Umstände festgestellt werden können, die die in dieser Altersgruppe unter 15 % liegende Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht."
Was bedeutet dieses Urteil für Versicherungsnehmer einer privaten Krankenkasse?
Zunächst geht es in dem vorliegenden Urteil um die Kostentragung der privaten Krankenkasse des Mannes. Diese zieht allerdings auch die Kriterien der zu befruchtenden Frau mit ein. Deswegen kommt es auch darauf an, in welchem Alter sich die zu befruchtende Frau befindet. Je älter die Frau ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung. Auch bei der privaten Krankenkasse kommt es darauf an, dass die künstliche Befruchtung einen hinreichenden Erfolg verspricht. (vgl. gesetzliche Krankenkasse in meinem Artikel über die Kostenerstattung durch die gesetzl. KV).
Liegt die Wahrscheinlichkeit laut IVF-Register unter 15 % sollte ein Sachverständiger hinzugezogen werden, der darlegen kann, dass die Erfolgsaussichten aufgrund anderer Umstände deutlich höher sind.

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