Mittwoch, 27. Juli 2011

Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses selbst bei Einvernehmen des Opfers

Zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 14.04.2011, Az.: 4 StR 669/10:

Leitsätze des Gerichts:
  1. "Einer Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses nach § 174c Abs. 1 StGB steht allein das Einvernehmen des Opfers mit der vom Täter vorge-nommenen sexuellen Handlung nicht entgegen.
  2. An einem Missbrauch im Sinne dieser Vorschrift fehlt es ausnahmsweise dann, wenn der Täter im konkreten Fall nicht eine aufgrund des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses bestehende Autoritäts- oder Vertrauensstellung gegenüber dem Opfer zur Vornahme der sexuellen Handlung ausnutzt."

Sachverhalt:
Der Angeklagte ist Heilpraktiker und Osteopath. Während seiner Behandlungen kam es zu mehreren sexuellen Handlungen die teilweise mit Einwillung seiner Patienten erfolgten.

Entscheidungsgründe:
  • ein Einvernehmen in sexuelle Handlungen unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses schließt weder als Einverständnis in den Tatbestand noch als Einwilligung die Rechtswidrigkeit der Tat aus
  • dies ergibt sich schon aus dem Willen des Gesetzgebers, denn es kam ihm gerade darauf an, sexuelle Kontakte in Beratungssituationen, in welchen meist ein besonderes Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis besteht, auszuschließen
  • auch § 174c StGB erfodert keine Nötigung des Opfers
  • der Missbrauchsbegriff des § 174c StGB knüpft an das Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnis an

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