Donnerstag, 28. Juli 2011

Verjährungsbeginn und die Wissenszurechnung zwischen Kranken- und Pflegekasse

Zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 15.03.2011, Az.: VI ZR 162/10:


Leitsatz des Gerichts:
"Kommt es für den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters der Pflegekasse an, ist die Kenntniserlangung durch den Beschäftigten für die Verjährung der Forderungen der Pflegekasse nur relevant, wenn und soweit der Bedienstete bei der Abwicklung des Schadensfalles für diese handelt."

Sachverhalt:
Die Klägerin ist die gesetzliche Pflegekasse eines durch einen Verkehrsunfall geschädigten Versicherungsnehmers. Beklagte ist der Haftspflichtversicherer des Unfallverursachers. Die bei der Krankenkasse angestellte Sachbearbeiterin rechnete ab dem Jahr 2004 mehrfach Krankheitskosten für den Verletzten gegenüber der Beklagten ab. Im Jahr 2004 einigten sich die Beklagten und die Krankenkasse auf eine Haftungsquote von 50 %. Die Sachbearbeiterin der Krankenkasse stellte dann erstmals am 18.04.2008 eine erste Zwischenabrechnung in Höhe von 50 % der Pflegekosten, die der Kläger am 30.06.2007 übernommen hatte. Die Beklagte lehnte einen Ausgleich ab.

Auszug aus den Entscheidungsgründe:
  • "Der gesamte einer unerlaubten Handlung entspringende Schaden stellt sich als eine Einheit dar und nicht als eine Summe einzelner selbständiger, unzusammenhängender Schäden. Daher schließt die Ungewissheit über den Umfang und die Höhe des Schadens den Beginn der Verjährung nicht aus..."
  • "Vielmehr genügt die allgemeine Kenntnis vom Ein-tritt eines Schadens..."
  • "Bei Behörden und öffentlichen Körperschaften beginnt die Verjährungsfrist für zivilrechtliche Schadensersatzansprüche erst dann zu laufen, wenn der zuständige Bedienstete der verfügungsberechtigten Behörde Kennt-nis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erlangt..."
  • "Sind innerhalb einer regressbefugten Behörde mehrere Stellen für die Bearbeitung eines Schadensfalls zuständig - nämlich die Leistungsabteilung hinsichtlich der Einstandspflicht gegenüber dem Verletzten und die Regressabteilung bezüglichder Geltendmachung von Schadensersatz - oder Regressansprüchen gegenüber Dritten - , so kommt es für den Beginn der Verjährung von Regressan-sprüchen grundsätzlich auf den Kenntnisstand der Bediensteten der Regress-abteilung an."
  • "Kommt mithin der Krankenkasse eine Ent-scheidungskompetenz für die zivilrechtliche Verfolgung von Schadensersatzansprüchen der Pflegekasse nicht zu, vermag die Kenntnis der Bediensteten der Krankenkasse die Verjährungsfrist für die Pflegekasse grundsätzlich auch dann nicht in Gang zu setzen, wenn die Sachbearbeiter in Personalunion die Erstat-tungsansprüche für Krankheits- und Pflegekosten bearbeiten."
  • "Eine Wissenszurechnung in diesem Sinne setzt grundsätzlich voraus, dass derjenige, auf dessen Kenntnisse (allein oder im Zusammenwirken mit dem Wissens-stand anderer) abgestellt werden soll, in den betreffenden Aufgabenkreis ein-gebunden war..."
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