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Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte erneute über den Fall Gäfgen zu entscheiden.
Ausgangspunkt war die Entführung des Bankierssohns im Jahre 2002 und die Umstände der Entdeckung der Leiche in diesem Zusammenhang. Der Beschwerdeführer ließ prüfen, ob die verantwortlichen Polizisten und somit Deutschland gegen Art. 3 (Verbot der Folter) und Art. 6 (Recht auf ein faires Verfahren) EMRK verstoßen haben und dadurch Beweisverwertungsverbote hätten greifen müssen.
Der EMGR verneinte eine Verletzung des Art. 6 EMRK, bejahte aber eine Verletzung von Art. 3 EMRK. Als Begründung wird folgendes angegeben:
- Eine Drohung mit körperlichen, erheblichen Schmerzen verursachender Gewalt ist unter der Berücksichtigung der Gesamtumstände eine verbotene unmenschliche Behandlung nach Art. 3 EMRK.
- Die deutsche Gerichtsbarkeit hat den Verstoß gegen Art. 3 EMRK ausdrücklich anerkannt. Zum Fortbestand der Opfereigenschaft führt der EMGR folgendes aus:
" Eine Entscheidung oder Maßnahme zugunsten des Beschwerdeführers reicht nicht Grundsätzlich aus, um ihm die Opfereigenschaft im Sinne von Artikel 34 der Konvention abzuerkennen, es sei denn, die innerstaatlichen Behörden haben die Konventionsverletzung ausdrücklich oder der Sache nach anerkannt und sodann Wiedergutmachung geleistet."
Die Kammer bejaht die fortbestehende Opfereigenschaft unter anderem mit den milden Sanktionen gegen die verantwortlichen Polizeibeamten. Hierzu aus dem Urteil:
"Auch wenn der Gerichtshof akzeptiert, dass der vorliegende Sachverhalt nicht mit den hier zitierten Fällen vergleichbar ist, stellt er dennoch fest, da ss D.s anschließende Ernennung zum Leiter einer Polizeibehörde schwerwiegende Zweifel aufkommen lässt, ob die Reaktion der Behörden die Schwere eines Verstoßes gegen Artikel 3 - dessen er für schuldig befunden worden war - angemessen widerspiegelt."
3. Zu Art. 6 EMRK aus dem Urteil:
"Die Kammer stellte fest, dass Artikel 6 Absatz 1 und 3 nicht verletzt worden sei. Sie stellte fest, dass das Landgericht die Verwertung sämtlicher Aussagen, die der Beschwerdeführer den Ermittlungsbehörden gegenüber vor der Hauptverhandlung gemacht habe, wegen der Fortwirkung der verbotenen Vernehmungsmethoden in der Hauptverhandlung verboten habe. Das innerstaatliche Gericht habe jedoch einige Beweismittel, die als indirektes Ergebnis der dem Beschwerdeführer abgepressten Aussagen erlangt worden seien, verwertet. Die Kammer war der Auffassung, dass die starke Vermutung vorliege, dass die Verwertung von Beweismitteln, die als "fruit" eines Geständnisses gewonnen worden seien, das mit Artikel 3 verletzenden Mitteln abgepresst worden sei, einen Prozess in derselben Weise insgesamt unfair mache wie die Verwertung des abgepressten Geständnisses selbst. Unter den besonderen Umständen der Rechtssache sei jedoch das erneute Geständnis des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung die wesentliche Grundlage für seine Verurteilung gewesen. Andere Beweismittel, einschließlich der beanstandeten sachlichen Beweismittel, hätten lediglich eine Nebenrolle gespielt und seien nur verwertet worden, um den Wahrheitsgehalt dieses Geständnisses zu belegen.
4. Weiter heißt es:
"Die Kammer war nicht überzeugt davon, dass der Beschwerdeführer bei seiner Verteidigung keine andere Wahl gehabt habe, als in der Hauptverhandlung zu gestehen, weil die beanstandeten Beweismittel zugelassen worden seien."
Kontaktaufnahme mit der Autorin: sk@ihr-rechtsanwalt.eu
http://www.buerogemeinschaft-fuer-medizinrecht.de/
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